18. September 2018 von Lea Voß
Mit der DSGVO wurde die Rechtslage in Deutschland umgekrempelt. Unter Berücksichtigung der Datenverarbeitung steht die weitere Anwendbarkeit bisher geltender Gesetze in Frage. Betroffen ist hiervon auch das Kunsturhebergesetz (KUG). Dieses regelte bislang die Zulässigkeit der Verwertung von Bildnissen, also auch Personenfotografie. Im Weiteren wird erläutert, wie die künftige Rechtslage bezüglich dieser Art der Datenverarbeitung aussieht.
Angesprochen fühlen sollten sich gewerbliche Fotografen und Journalisten, die auf Großveranstaltungen wie Konzerten oder Demonstrationen, eingesetzt werden. Auch Unternehmen, die ihre PR-Abteilung mit der Dokumentation von Firmenfeiern beauftragen, sind hiervon betroffen. Nicht zu vergessen sind schließlich die Sponsoren von Fachmessen oder Sportevents, die ihren öffentlichen Auftritt mit Fotos unterstreichen.
Ausschlaggebend ist das Interesse an der Herstellung und Weiterverwertung der Fotos. Demgegenüber steht aber unvermeidlich das Recht am eigenen Bild und das Recht auf Datenschutz des Abgelichteten.
Das KUG verfolgt den Zweck, für den verfassungsrechtlich notwendigen Ausgleich zwischen den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen und der Meinungs- und Informationsfreiheit der Fotografen zu sorgen. Es wurde gegenüber dem BDSG als Spezialgesetz vorrangig angewendet, soweit es um die Veröffentlichung von Personenfotografien ging.
In erster Linie ist gemäß § 22 KUG die Einwilligung des Abgebildeten für die zulässige Veröffentlichung notwendig. Sofern eine Einwilligung vorliegt, ist diese nicht einfach widerruflich. Dazu müssen persönlichkeitsrechtliche oder andere wichtige Gründe vorliegen. In § 23 KUG werden darüber hinaus Ausnahmen von diesem Einwilligungsvorbehalt geregelt. Dies betrifft Bildnisse der Zeitgeschichte oder im Interesse der Kunst, sowie Bilder von Landschaften oder Großereignissen, auf denen Personen lediglich ein Beiwerk darstellen.
Seit dem 25. Mai 2018 steht die weitere Anwendbarkeit des KUG neben der DSGVO in Frage. Klar ist, dass das KUG auch weiterhin keine Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Personenlichtbildern bietet, da es lediglich eine Grundlage für Veröffentlichungen darstellen kann. Ein Rückgriff auf das BDSG scheidet grundsätzlich aus, da dieses nun der Ausgestaltung der DSGVO dient, sofern dafür in der DSGVO Öffnungsklauseln vorgesehen sind. Für die Datenverarbeitung in Form der Anfertigung greift also die DSGVO gem. Art. 2 Abs. 1 DSGVO. Um die Rechtmäßigkeit der Aufnahmen zu kommerziellen oder künstlerischen Zwecken zu gewährleisten, muss eine Rechtsgrundlage i.S.d. Art. 6 Abs. 1 DSGVO vorliegen.
Speziell im Rahmen der Auftragsfotografie ist die Vertragserfüllung gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO als Rechtsgrundlage denkbar. Diese Rechtsgrundlage gilt aber nur gegenüber dem Vertragspartner. Zu anderen Personen, wie z.B. Besucher von Großveranstaltungen, existiert keinerlei Vertragsverhältnis.
In Betracht kommt hier der Tatbestand gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO, nämlich auf Grundlage des berechtigten Interesses. So lässt sich z.B. bei Demonstrationen ein Interesse an Dokumentation und Aufbereitung herleiten. Selbiges trifft auch auf offizielle Firmenfeiern zu. Die Fotografie soll der bebilderten Dokumentation und damit der Etablierung einer öffentlichen Präsenz dienen.
Eine wirklich verlässliche Rechtsgrundlage gewährleistet nur die Einwilligung des Betroffenen gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO. Diese wird aber zwecks Nachweisbarkeit schriftlich einzuholen sein und ist noch dazu gem. Art. 7 Abs. 3 Satz 1 DSGVO jederzeit widerrufbar. Die Anforderungen an die Einwilligung sind im Gegensatz zum KUG höher. Darüber hinaus sind jedenfalls noch die umfangreichen Informationspflichten gem. Art. 12 ff. DSGVO zu erfüllen. Vor allem bei Großveranstaltungen dürfte dies nicht praktikabel sein.
Diese weitreichenden Anforderungen könnten zumindest in Hinblick auf die Veröffentlichung der Fotos über Art. 85 DSGVO umgangen werden.
Art. 85 DSGVO dient nämlich dem Ausgleich zwischen dem Recht am Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft. In Absatz 2 wird den Mitgliedstaaten explizit aufgetragen, von der DSGVO abweichende Regelungen zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken zu erlassen. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Öffnungsklausel mit obligatorischem Handlungsauftrag.
Das KUG könnte also als Umsetzungsgesetz dieses Auftrags für journalistische Zwecke verstanden und damit beibehalten werden. Dies käme der journalistischen Berichterstattung zugute. Diese Auffassung teilt zumindest auch das OLG Köln in seinem Beschluss vom 18. Juni 2018.
Für Veröffentlichungen zu anderen Zwecken außer des Journalismus’ lässt sich eine Anwendung des KUG über Art. 85 Abs. 2 DSGVO nicht herleiten. Möglich erscheint eine Anwendung des KUG über Art. 85 Abs. 1 DSGVO.
Absatz 1 enthält allerdings lediglich den Regelungsauftrag Rechtsvorschriften mit der DSGVO in Einklang zu bringen. Diesem Absatz den Charakter einer Öffnungsklausel zuzusprechen, ließe sich mit dem Wortlaut nur schwer vereinbaren. Somit sind in diesen Fällen die Veröffentlichungen auf Basis der DSGVO vorzunehmen.
Im Weiteren wäre aber zumindest denkbar und wünschenswert, dass die Mitgliedstaaten die Öffnungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DSGVO für journalistische Zwecke weiterführend nutzen. Die milderen Anforderungen, wie sie das KUG vorsieht, könnten nämlich über die einfache Veröffentlichung hinaus auch für weitere Verarbeitungsvorgänge i.S.d. Art. 4 Nr. 2 DSGVO vorgesehen werden.
Was bedeutet dies für die Fotografie auf Großveranstaltungen? Sowohl für Aufnahme als auch Veröffentlichung der Fotos ist eine Rechtsgrundlage notwendig.
Auf der sicheren Seite ist man sicherlich mit einer Einwilligung, wobei hier die Frage der Umsetzbarkeit im Raum steht. Auf Grundlage des berechtigten Interesses wiederum sind präzise und fundierte Erläuterungen notwendig. Um sich hingegen die Ausnahmen des § 23 KUG zunutze zu machen, ist für Veröffentlichungen der journalistische Zweck nachzuweisen. Hierbei darf zumindest der Begriff „Journalismus“ laut Erwägungsgrund 153 Satz 7 der DSGVO weit ausgelegt werden.
In jedem Fall ist aber eine genaue Einzelfallabwägung notwendig.